Charlottenhof

Der Charlottenhof ist einer der zwei letzten, zu der Kernstadt gehörenden, landwirtschaftlichen Betriebe in Darmstadt. Und der letzte landwirtschaftliche Familienbetrieb in der Kernstadt, sowie der letzte in Darmstadt auf dem Fleischrinder gezüchtet werden.

Unsere Großeltern, Charlotte und Georg Piesch, betrieben auf dem Hof schon Landwirtschaft. Acker- und Grünland wurde bewirtschaftet. Die Ackerflächen befanden sich im Bereich des heutigen Grünlandes entlang des “Sülzbachs” an der östlichen Gemarkungsgrenze zum Landkreis. Als Grünland wurden mit knapp 40 ha weite Flächen der Wiesen im “Kranichsteiner – Wildschutzgebiet” bewirtschaftet. Auch waren schon damals Flächen auf den “Scheftheimerwiesen”, nahe dem Oberwaldhaus gepachtet. Die Tierhaltung mit einer Milchkuh, einigen Mastbullen, den damals üblichen zwei Hausschweinen,  den Hühnern zur Selbstversorgung und einer Pferdezucht.

Georg Piesch war damals weit über Darmstadt und Hessen hinaus für seine hervorragende Trakehnerzucht bekannt. Nach dem Tod von Georg Piesch wurde die Pferdezucht aufgegeben und die Landwirtschaft nicht mehr betrieben. Über Jahre und Jahrzehnte wurde der Hof dann nicht mehr im Sinne einer professionellen Landwirtschaft weitergeführt. Den Enkeln wird nachgesagt, dass uns das “Gen des Landwirts” in die Wiege gelegt ist. Mit dieser Leidenschaft haben wir vor einigen Jahren beschlossen, den Hof wieder zu beleben. Es wurde der Entschluss gefasst, den Hof als reinen Grünlandbetrieb zu bewirtschaften.

Damit einhergehend wurde entschieden, auf dem Hof eine Mutterkuhhaltung aufzubauen. Die Stallungen wurden umgebaut und renoviert. Der teilweise noch vorhandene Fuhrpark wurde ergänzt und modernisiert. Parallel musste die Entscheidung fallen, welche Rasse gezüchtet werden soll. Grundlegende Vorgabe war immer, eine Landwirtschaft zu betreiben, bei der das Tier im Mittelpunkt stehen soll und Qualität statt Masse produziert wird.

Durch einen Zufall trug es sich dann zu, dass wir auf die Rasse der Wagyus aufmerksam wurden. Für weitere Informationen bekamen wir die freundliche Unterstützung des deutschen Wagyu – Zuchtverbandes. Es folgten viele Informationsreisen und zahlreiche Besuche bei heutigen Zuchtkollegen. Rückblickend kann man vielleicht sagen,  es war die sprichwörtliche “Liebe auf den ersten Blick”, die uns zur Entscheidung brachte, dass wir diese seltene Rinderrasse züchten wollen. In der Folgezeit zogen dann die ersten Fleckviehkühe in die renovierten Stallungen ein. Sie waren die Trägertiere, in die die Embryonen der Wagyus eingepflanzt waren.

Ein Jahr später kamen dann die ersten reinrassigen 100% Fullblood Wagyu-Kälber in unserem Stall auf die Welt. Sie wurden mit viel Herzblut aufgezogen und haben mittlerweile ihre eigenen reinrassigen Kälber zur Welt gebracht. Die Fleckviehkühe, die ursprünglichen Träger- bzw. Muttertiere, wurden dann wieder besamt. Sie sollten dann nach neun Monaten, wenn die Wagyu – Kälber abgesetzt waren, als tragende Mutterkühe wieder verkauft werden. Es war nicht beabsichtig das Fleckvieh weiter zu halten, da es ursprünglich um eine Spezialisierung auf die Wagyuzucht ging.

Als die Tiere dann hochtragend waren, vorher hätte es keinen Sinn gemacht, haben wir versucht sie zu verkaufen. Wie man heute sieht, vergeblich. Die Nachfrage war riesig. Aber es war niemand dabei, dem wir unsere Tiere mit gutem Gewissen verkaufen wollten.

Und wie es dann so geht, irgendwann waren die Kälber da, hatten von unserem “Juniorchef” schnell einen Namen und das Ergebnis sieht man heute, wenn man durch unseren Stall läuft. Die Fleckviehcher und die Wagyus liegen glücklich wiederkauend nebeneinander im Stroh.